1.Könige 22,4 gruselige Einheit

„Ich bin wie du, mein Volk ist wie dein Volk, meine Pferde sind wie deine Pferde“ sagte Josafat zu Ahab.

Da schlägt das Herz der Friedensbewegten natürlich höher. Da hüpfen die Vertreter der Ökumene durchs Viertel, weil hier Einheit über Grenzen hinweg praktiziert wird.

Der Prophet Jehu ist da anderer Meinung. Und wenn der Prophet anderer Meinung ist und uns das in der Bibel dokumentiert wird, kann man davon ausgehen, dass Gott auch anderer Meinung ist.

In 2.Chronik 19 fragt der Prophet den Josafat, ob es wohl tatsächlich richtig sei, den Gottlosen zu helfen und die zu lieben, die Gott hassen.

Und die ganze Geschichte dieses Angriffs auf Ramot in Gilead zeigt ja, dass hier von „Einheit“ wirklich keine Rede sein kann. Eher von „Wegschauen“, von „sich über den Tisch ziehen lassen“.

Es gab hier keine einheitlichen Motive oder einheitlichen Absichten.

Der Prophet Jehu deutet es geradezu so, als wenn hier eine Einheit mit dem Teufel betrieben werde. Das ist auch heute leicht der Fall, wenn die Einheit eine Position eingenommen hat, die eigentlich nur Gott zusteht. Die Einheit wird dann um ihrer selbst willen verfolgt. Die Einheit ist dann einer höherer Wert als der Wille Gottes.

Genau dieses Motiv, dass die Einheit um jeden Preis verfolgt wird, haben wir auch beim König Josafat. Die Trennung des Reiches Gottes war ihm verständlicherweise ein Graus, und er war der festen (und an sich gar nicht so falschen) Meinung, dass Gott an einem einheitlichen Israel interessiert sein müsste.

Allerdings hat Josafat übersehen, dass Gott keineswegs mit Ahab zusammenarbeiten wollte. Es gibt in Gottes Augen Werte, die stehen weitaus höher als die Einheit.

Auch im Neuen Testament wird die Notwendigkeit der Nicht-Einheit häufig betont. Insbesondere die Sendschreiben in der Offenbarung verlangen scharfe Grenzziehungen, und Paulus kennt neben harschen Worten auch die Aufforderung, nicht am gleichen Joch mit den Ungläubigen zu ziehen.

Neutestamentliche Einheit ist grundsätzlich zu unterscheiden von Konsens und Kompromiss. Gott macht keine Kompromisse mit niemanden niemals. Gottes Kompromissfähigkeit hat den Wert Null.

Neutestamentliche Einheit entsteht nach Johannes 17,22 durch Herrlichkeit. Und zwar durch Herrlichkeit, die Gott den beteiligten Parteien verleiht. Somit ist der Brennstoff, der die Einheit befeuert, nicht das menschliche Bemühen, sondern göttliche Kraft.

Einheit ist nach dem neuen Testament etwas übernatürliches und kein Produkt menschlicher Bemühungen.

Das war in gewisser Weise aber schon bei Josafat so: Das Schicksal des Reiches lag nicht in Josafats Hand und war völlig unabhängig von Josafats Bemühungen. Über das Schicksal des Reiches (und damit auch über Einheit oder Trennung) entschied immer Gott, und zwar allein.

Was Josafat richtig verstanden hatte: Gott will Einheit. Gott darin zuzustimmen, ist richtig. (Das neue Testament würde sagen: Dass Gottes Wille und mein Wille eins werden.)

Was Josafat falsch verstanden hatte: Wann, wie und in welcher Form Einheit zustande kommt, entscheidet alleine Gott. Das ist zwar vom menschlichen Willen abhängig, aber nicht von menschlichen Bemühungen.