1.Könige 9,4 Die andere Art von Gehorsam
4 Und du, wenn du vor mir lebst, ebenso wie dein Vater David gelebt hat in Lauterkeit des Herzens und in Aufrichtigkeit, indem du nach allem handelst, was ich dir geboten habe, und <wenn> du meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen einhältst,
„Gehorsam“, oh grausam Wort!
Kennen die neutestamentlichen Gemeinden heute ja auch noch.
Da wird viel auf den „Gehorsam“ gepocht in den Gemeinden.
Und damit ist gemeint, dass man sich an die Regeln hält. An diejenigen, die in der Bibel stehen. Hauptsächlich im Neuen Testament, aber es kommt durchaus vor, dass in christlichen Gemeinden die 10 Gebote des Mose wieder aus der Mottenkiste gezogen werden.
Peinlich nur, dass „Gehorsam“ in dieser Bedeutung im Neuen Testament gar nicht mehr vorkommt und auch nicht gefordert ist. „Gehorsam“ gibt es nur noch im Sinne von
- gehorsam den Prinzipien, also der Liebe oder der Großzügigkeit oder der Freiheit. Die spezielle Handlung ist aber nicht mehr vorgeschrieben, das kann und muss man selbst entscheiden. Darum sagt Paulus im 1.Korintherbrief auch zweimal „es ist alles erlaubt“.
- gehorsam einer speziellen Anweisung. Die Anweisung ist individuell. Nur für eine bestimmte Person oder eine bestimmte Gruppe in einer ganz bestimmten Situation. Sie ist nicht übertragbar auf andere Personen oder andere Situationen.
Diese beiden neutestamentlichen Verwendungen des Begriffs „Gehorsam“ sind nicht neu, sie finden sich schon als Forderung an Salomo in 1.Könige 9,4.
- „indem Du nach allem handelst, was ich Dir geboten habe“ – das sind individuelle Anweisungen von Gott an Salomo. Da Gott wenig direkt mit Salomo gesprochen hat, wurden diese Anweisungen meistens mittels Propheten überbracht und bezogen sich auf aktuelle Situationen. Beispiele solcher Anweisungen haben wir in der Bibel wenige, wohl weil sie den Autoren nicht wichtig erschienen (sich z.B. auf den Tempelbau bezogen) und weil die Propheten in Salomos späterer Amtszeit eher zu Salomos Gegnern gingen als zu ihm.
- „wenn Du meine Ordnungen hältst“ – das ist Gehorsam gegenüber Prinzipien. Gott hat die Welt geordnet. Er hat sie z.B. so geordnet, dass die Israeliten frei sein sollten und niemandes Sklave sein sollen. Jetzt wäre also gefordert, sich als freier Mensch zu verhalten – „nichts soll Euch gefangen nehmen“, hat Paulus das genannt – und aus dem Gefühl der Freiheit heraus seinen Tag zu gestalten und eine entsprechende Körperhaltung einzunehmen.
- Gott hat die Welt aber z.B. auch so geordnet, dass die Israeliten sich keine Sorgen zu machen brauchen. Weil Gott sie in diesem Land ernähren will und in Sicherheit wohnen lassen will. Sich Sorgen zu machen wäre also ein mangelnder Gehorsam gegenüber die Ordnungen Gottes.
- „wenn Du meine Rechtsbestimmungen einhältst“ – das sind jetzt die Gebote, die wir als Teil des Gesetzes kennen. Du sollst nicht die Ehe brechen. Diese Regel gilt wörtlich und immer und für alle. Sie ist ein Gesetz.
Wenn wir also Texte wie diesen lesen, dann soll uns das darauf hinweisen, dass wir zum einen in der Ordnung leben, die durch Jesus in außerordentlicher Größe erschaffen wurde und in der die Liebe über alles siegt, in der das Böse uns nichts mehr tun kann und in der „Fülle“ den Zustand unseres Lebens beschreibt.
Solche Texte sollen uns zum anderen darauf hinweisen, dass es individuelle Anweisungen von Gott gibt, denen man zum Segen aller gehorsam sein muss. Als Beispiele mögen alle die Anweisungen an Paulus gelten, auch zum Schluss auf diesem Schiff im Mittelmeer, oder die Anweisungen an Philippus wegen der Straße, auf der der äthiopische Finanzminister zu erwarten war.