1.Könige 8,59 Von wegen Gnade!
59 Möchten diese meine Worte, mit denen ich vor dem HERRN um Gnade gefleht habe, dem HERRN, unserm Gott, nahe sein, Tag und Nacht, dass er das Recht seines Knechtes und das Recht seines Volkes Israel ausführe — die Sache eines <jeden> Tages an ihrem Tag —,
Es wäre vielleicht gut gewesen, wenn man das Kind vorher aus dem Bad herausgenommen hätte, bevor man das Bad ausschüttete.
Dass man seit der Reformation die krassen Irrwege des Verdienstgedankens bekämpft hat und das Ablasswesen ausgeschüttet hat, war zweifellos richtig.
Aber daraufhin ist die evangelikale Christenheit auf der anderen Seite vom Pferd runtergefallen und hatte plötzlich gar keine Rechte mehr, war nur noch auf Gedeih und Verderb von Gottes Gnade abhängig. Das ist aber auch nicht das, was Gott im Sinn hatte.
So kann Salomo hier beten, dass Gott sowohl das Recht Salomos als auch das Recht der Gemeinde (oder des Gottesvolkes) ausführe.
Im Reich Gottes gibt es nämlich nicht nur Gnade, sondern es gibt auch Rechte. (Wusste auch Jesus: Lukas 18:7+8)
Wichtig wäre es nun aber, die Gnade und das Recht beide an ihrem richtigen Platz stehen zu lassen und kein Durcheinander anzurichten.
Das Recht des Volkes
Wenn Gott Leute auswählt, die sein Eigentum sein sollen, dann haben diese Leute natürlich auch das Recht auf Gottes Schutz und Unterstützung.
Wenn Herr Müller sich einen Hund kauft, dann wird dieser Hund Herrn Müllers Eigentum, und der Hund hat damit das Recht, von Herrn Müller gefüttert und beschützt zu werden. Herr Müller kann ja nicht sagen: „Hund, Du gehörst jetzt mit, und wehe, Du läufst anderen Menschen nach, aber um Deine Angelegenheiten musst Du Dich schon selber kümmern.“
Noch krasser ist das ja im Neuen Bund, wo die Christen nicht nur Gottes Hunde sind, sondern Gottes Kinder. Und Kinder haben ihrem Vater gegenüber selbstverständlich Rechte. (Sie haben auch Pflichten, aber die hat Salomo ja schon in Vers 58 genannt.)
Wenn Gott sein Volk so dermaßen von anderen Völkern absondert, und es dann noch in ein Land verpflanzt, das an so ungünstiger Stelle liegt, dann hat das Volk natürlich auch das Recht, sich an Gott zu wenden und von Gott Hilfe und Unterstützung zu verlangen.
Dieses Recht hat das Volk insbesondere auch deshalb, weil Gott ihnen dieses Recht selber eingeräumt hat! Gott hat sein Wort gegeben, dass er sein Volk segnen will – und Gottes Wort kann nicht gebrochen werden, noch nicht einmal von Gott. Wenn Gott etwas sagt, entsteht daraus ein Recht.
Das Recht des Königs
Das Recht des Königs ist genauso zu begründen wie das Recht des Volkes. Da der König anstelle Gottes das Volk regiert, aber als Mensch natürlich ein bisschen unfähig ist, ist er darauf angewiesen, dass Gott ihm hilft.
Und wenn es dem Volk gut gehen soll, dann muss Gott dem König helfen.
Außerdem hat Gott dem David Zusagen gemacht. Und das Wort Gottes kann selbst Gott nicht brechen. Folglich entsteht aus einem Wort Gottes immer ein Recht.
Die Gnade
Dass Israel erwählt wurde, Gottes Volk zu sein, ist Gnade. Diese Auswahl hat Israel nicht verdient. Bereits die Berufung Abrahams war Gnade, nicht Belohnung für irgendein Verhalten Abrahams.
Und dass Gott (und darauf bezieht sich Salomo hier) die Möglichkeit der Sündenvergebung in das System eingebaut hat, ist ebenfalls Gnade. Das war Gottes alleinige Idee. Das hätte er auch lassen können. Und prinzipiell hat Gott mehrere Möglichkeiten, auf Sünde zu reagieren, und Salomo bittet hier darum, dass Gott die Gnade wählt, wo er (aufgrund des Rechts) auch etwas anderes wählen könnte.
Fazit
Glaube besteht auch darin, zu wissen, welche Rechte Gott uns eingeräumt hat. Und die große Leistung des Hauptmanns von Kapernaum war, dass er verstanden hatte, welche Rechte Jesus Gott gegenüber hatte.