1.Könige 8,1-5 Keine Pflichtveranstaltung
Die Einweihung des Tempels hätte man natürlich auch mit weniger Aufwand betreiben können. Die Chefs der am Bau beteiligten Firmen einladen, die beteiligten Minister und Staatssekretäre, die zuständigen Vertreter der Religion und vielleicht die Weinkönigin, damit sie das Band durchschneidet. Ein bisschen Musik, ein paar kurze Reden, Häppchen und Sekt. Schließlich kann man das Teil nach 7 Jahren Bauzeit ja nicht sang- und klanglos in Betrieb nehmen.
Und ob man jetzt wirklich die Sippenoberhäupter aus den hintersten Provinzen hätte einladen sollen?
Salomo hat ja schon mit dem Kostenrahmen deutlich gemacht, dass er diesen Tempel Gottes für wichtig hält. Aber nun, wer viel Geld hat, kann auch viel Geld ausgeben, ohne dass es ihm wehtut.
Für Salomo ist es immens wichtig, dass jeder in Israel mitbekommt, dass Gott jetzt umgezogen ist. Darum verlegt er die Einweihung auf das Laubhüttenfest, wo eigentlich sowieso jeder Israelit vor Gott erscheinen sollte. Und wo die Ernte vorbei ist, man also nicht mehr so viele Ausreden hat, auf die Reise zu verzichten.
„Alle Welt soll es hören!“
In Salomos Weltsicht war die Einweihung des Tempels der größte Moment in der Geschichte Israels, und ein größerer war weder vorstellbar noch in Sicht.
Denn Israel hatte das erste Mal eine Königsdynastie, das Reich war zum ersten Mal gefestigt in den von Gott festgelegten Grenzen, und zum ersten Mal war soviel Geld und Sicherheit vorhanden, dass man das gelobte Land tatsächlich ohne Einschränkungen loben konnte.
Und Gott sollte in einem festen Haus wohnen. Das heißt, Gott würde nicht mehr umherwanden müssen und die Israeliten damit auch nicht. Der Besitz des Landes war gefestigt, was er ja dank der Philister und der Ostvölker bisher nicht war. Israel würde nicht mehr vertrieben werden, würde sich nie mehr eine neue Heimat suchen müssen. Völkerwanderungen betrafen ab jetzt die Anderen.
Und so betrieb Salomo diese Veranstaltung: Nicht als Pflichtveranstaltung, sondern als ein Fest nahezu unendlicher Freude. Als das größte Fest in der Geschichte Israels. Ein großes Fest, einem großen Gott angemessen.
Dass Gott dann tatsächlich mittels Wolke in den Tempel einzog, war die Sahne obendrauf, mit der Salomo nicht hatte rechnen können. Aber als Gott sah, dass Salomo sich wirklich nicht lumpen ließ, da gab Gott ebenfalls alles: Sich selbst.
Gott ließ nicht nur die Bundeslade den Tempel betreten, sondern er kam selbst. Gott krönte das größte Fest Israels mit seiner Anwesenheit.
Manchmal wünsche ich mir, dass die Christen den Tempel Gottes und Gottes Wohnen darin mit genau soviel Ehrfurcht und Freude behandeln würden wie Salomo.
Nein, nicht den Tempel in Jerusalem. Den anderen. Den heutigen.