Die Gestelle von 1.Könige 7, 27-39

Haha! Waschbecken! Ja von wegen!

Wir haben hier 13 Verse über – nein, eben nicht über Waschbecken, sondern über den fahrbaren Unterbau von irgendwelchen Becken.

Was hier ausführlich beschrieben wird, sind die Gestelle. Auf sie kommt es an. Die Becken, die immerhin rund 1000 Liter Irgendwas fassen, gehören dazu, sind aber nicht der Hauptpunkt.

Fassen wir zusammen, was wir haben:

  • 10 Gestelle mit Becken drauf, wie die 10 Plagen oder die 10 Jungfrauen oder die 10 Gebote.
  • Jedes Gestell wiegt leer ca. 2 Tonnen. Mit gefülltem Kessel noch einmal eine Tonne mehr. Und die will man jetzt als Waschbecken durch den Tempelhof fahren? Wer zieht die? Wer bremst die?
  • Die Gestelle sind aus Metall gegossen, einschließlich der Räder. Wenn man hier Geräte zur praktischen Verwendung gebaut hätte, hätte man große Teile aus Holz gebaut, um Gewicht zu sparen und um reparieren zu können.
  • Die Gestelle sind reich verziert. Sie sind schön. Prachtwagen.
  • Die Räder sind sowohl in der Beschreibung als auch in der Art ihrer Position sehr betont. Sie sind vom Gestell abgesetzt, nicht wie bei normalen Wagen, dass der obere Teil der Räder auf gleicher Höhe mit dem Wagen ist. Wenn man mit diesen Wagen hätte fahren wollen, hätte man die Gestelle auf die Achsen gesetzt, um den Schwerpunkt niedrig zu halten.
  • Eine Verwendung wird nicht erwähnt, auch Vorrichtungen für eine Verwendung (Wasserhähne, Abläufe) werden nicht erwähnt. Und dann werden die Gestelle links und rechts vom Tempel aufgebaut, parallel zu den 10 goldenen Leuchtern. Sie werden nicht in der Nähe des großen Altars platziert, was für ein Waschbecken Sinn machen würde.

Was die Gestelle bedeuten

Die 10 Gestelle sind das Gegenstück zu den 10 ägyptischen Plagen und den 10 Geboten. Aber sie stellen nicht das Gericht in seiner Gesamtheit dar und auch nicht das Gesetz in seiner Gesamtheit, sondern den Segen Gottes in seiner Gesamtheit.

Die Kessel sind leer, aber soviel will und kann Gott segnen!

Nun wohnt Gott im Tempel, und der brave Israelit könnte denken: Der Segen Gottes hat jetzt ein Zuhause, er lässt sich zuverlässig verorten. Die Säulen haben dieses Angekommensein Gottes ja extra betont.

Aber so wie die Rinder unter dem Meer in alle Welt gehen wollen, so ist auch der Segen Gottes mobil. Er ist im Moment am Tempel, er rahmt den Tempel von zwei Seiten ein. Aber wie schon dem Abraham angekündigt, hat der Segen Gottes auch die Möglichkeit, woanders hin zu fahren.

Dabei hat Salomo sicher nicht daran gedacht, dass der Segen Gottes den Tempel verlässt – wie man es dann bei Hesekiel sehen. Aber dass der Segen Gottes in seiner Gesamtheit vom Tempel ausgeht, dass Gott also letztlich Gott der ganzen Welt werden will, das dürfte hier der Gedanken sein.

Und der Segen Gottes fährt prachtvoll, nicht auf einer alten Holzkutsche. Wenn der kommt, kann man sich freuen.

Sollte jetzt also jemand auf die Idee kommen, über den Segen Gottes verfügen zu können, sei es, weil er Priester am Tempel ist, oder sei es, weil er als Schriftgelehrter den Segen genau beschreiben kann und darum weiß, wer warum gesegnet wird und wer nicht – nein, das war nichts. Der Segen Gottes lässt sich nicht einfangen: Nicht in Regeln, und nicht in Festlegungen und Definitionen.

Und so war es dann auch, als einer kam und mit den Zöllnern und Sündern aß und trank.

Die Gestelle sagen: Der Segen Gottes steht abfahrbereit auf Gleis 3.

Sonstiges

Die Räder als Zeichen der außerordentlichen Beweglichkeit Gottes spielen übrigens auch in Hesekiel 1 ab Vers 15 eine wichtige Rolle.

Der Text über die Gestelle ist in der literarischen Form des Chiasmus geschrieben. Das Benutzen einer solchen Kunstform weist darauf hin, dass wir hier nicht einen Ingenieursbericht oder den Bericht eines Reisenden über Vorgefundenes haben, sondern einen Text über etwas, das eine solche literarische Form verdient.