1. Könige 7, 15-39 Die religiösen Symbole

Warum werden die Säulen, das Meer und die Gestelle so ausführlich beschrieben? Offensichtlich nicht, damit wir uns ein Bild machen können, denn dann hätte man auch die Außenmauern des Tempels beschrieben und eine Art Reisebeschreibung daraus gemacht, wie man den Tempel betritt und was man dann sieht und welche Wirkung das hat.

Die Absicht des Autors der Königsbücher ist ja, uns zu zeigen, warum das letztlich alles den Bach runterging. Damit zukünftige Generationen lernen, es besser zu machen.

Und was Salomo hier einführt ist die religiöse Symbolik.

Bisher war die Sache mit Gott in Israel sehr bodenständig. Gott hatte in der Wüste für Essen und Trinken und für die Sicherheit gesorgt. Danach hatte er für ein Land gesorgt und dafür, dass der Jordan anhielt, damit man rüber konnte.

Jetzt saß man im Land, und Gott war noch immer zuständig für die Sicherheit, für den Wohlstand (den er versprochen hatte) und dafür, dass die Regeln des Zusammenlebens eingehalten wurden. Und wenn den Gibeonitern Unrecht geschehen war, dann kümmerte sich Gott darum, dass das in Ordnung gebracht wurde. Gott war jemand, der vom Alltag nicht zu trennen war.

So war das auch gedacht, und so ist das unter Jesus heute noch gedacht.

Das einzige religiöse Symbol, das es gab, war die Bundeslade, und die war so mickrig, dass sie eigentlich nicht viel hergab, vor allem, weil eine an Stangen getragene Kiste auch keine religiöse Aussage macht.

Bisher war man in Israel ergriffen, wenn Gott sprach und wenn Gott handelte.

Seit Salomo konnte man auch ergriffen sein, wenn man die Säulen, das Meer oder die Gestelle betrachtete, die ja an sehr spezieller Stelle standen, nämlich da, wo man ohnehin schon mit bewegten Gefühlen hinging, weil man Gott sein Opfer brachte.

Die Ergriffenheit oder Bewegtheit bezüglich Gott wurde also abgekoppelt vom alltäglichen Erleben.

So entsteht Religion. So entsteht ein Frömmigkeitssystem, das parallel zum Alltag funktioniert, mit dem Alltag selbst aber nur noch in Notfällen zu tun hat. Gott hatte schon gewusst, warum er Anweisung gegeben hatte, sich kein Bild von göttlichen Dingen zu machen.

Natürlich waren diese 3 Symbole am Tempel nicht wirklich schlimm. So oft kam man da ja nicht hin. Aber sie waren der Anfang. Das will der Autor uns zeigen.

Heute haben wir das gleiche Problem:

  • Christen werden ergriffen, wenn sie das Kreuz betrachten. Sie sollten aber ergriffen werden, wenn sie ihren Nachbarn betrachten, dem Gott vergeben will und dem sie vergeben sollen.
  • Christen werden ergriffen vom „Lobpreis“ oder von der Musik von Bach oder Händel. Das ist dann genug Ergriffenheit bis nächsten Sonntag. Tatsächlich sollten sie ergriffen sein von Gottes Handeln im Alltag, sie sollten erschreckte Ergriffenheit zeigen beim Handeln des Teufels und beim Reden Gottes Mittwochs vormittags, sie sollten ergriffen sein, weil Gott persönlich ihr Gebet erhört hat.
  • Christen bringen Blumen zur Mutter Gottes am Wegesrand anstatt zu ihrer Nachbarin und sind ergriffen.
  • Christen werden ergriffen von Wallfahrten oder dem Jakobsweg. Es gäbe einige sehr viel wichtigere Wege, die zu gehen wären und wo man ergriffen sein könnte vom Handeln Gottes, weil man selber im Glauben ein Risiko eingegangen ist oder wo man ergriffen sein könnte davon, dass Gottes Wort tatsächlich wahr ist, denn man hat nach seinem Wort gehandelt, und nun – so ein Segen!

Es hat schon seine Gründe, warum Jesus als einziges religiöses Symbol das Abendmahl dagelassen hat, bei dem man Ergriffenheit nur herstellen kann, wenn man einen gekonnten Ritus drum herum aufbaut.

Religiöse Symbole führen nämlich nicht hin zu Gott, sie führen weg von Gott.